Mittwoch, 8. Oktober 2014

Waka Waka



Gleich zum Einstieg was Interessantes:

Gut zu wissen: Schon Ende September holen die kenianischen Supermärkte ihre Weihnachtslichterketten mit Schneemännern( grotesk: Palmen im Hintergrund) und Sternen hervor und hängen sie auf. Sogar die Lehrer ändern ihren Klingelton in Weihnachtslieder um.



So, jetzt ist es aber schon Oktober und nun ist es also genau einen Monat her, als ich mich von all meinen Lieben verabschiedete und ins Flugzeug einstieg. Vor einem Monat fing mein Abenteuer hier an. Seit einem Monat lebe ich mit mir einer vorher völlig fremden Person in einer kleinen Wohung hier mitten im Afrika ohne Wasser und Waschbecken. Eigentlich bin ich ständiger Gefahren ausgesetzt und werde ständig von Mosquitos belästigt. Seit einem Monat gucken mich die Menschen hier völlig komisch an und ich bin die Fremde. Schon einen Monat lang wasche ich meine Wäsche von der Hand und muss bei einer zersplitterten Glasflasche auf meinem dunklen Steinboden ohne Staubsauger zurechtkommen.



Ja genau, so ist das. Aber lasst uns das alles doch mal anders betrachten. Nämlich aus der Perspektive, wie ich alles wahrnehme. Und wie ich mich fühle.



Das mit dem Abschied stimmt natürlich, und dass ich ins Flugzeug eingestiegen bin auch.

Nur lebe ich seit einem Monat mit einer inzwischen sehr guten Freundin zusammen, in einer für die vorliegenden Verhältnisse sehr großen Wohnung (meiner ersten eigenen!) und wir bekommen fast täglich Wasser geliefert von unserem Wassermann Julius. In Kisumu fühle ich pudelwohl und kann unter einem Mosquitonetz schlafen. Innerhalb eines Monats fanden wir hier tolle Freunde und haben Spaß daran, jeden Morgen in die Schule zu fahren und die Kinder sich freuen zu sehen. Was kann es denn besseres geben?



For me, this is the place to be!





Ein Monat hier bedeutet auch gleich: Die fünfte Woche in der Schule ist angebrochen, vom 08.-12.10. ist hier bereits "Half-term". Über diese Zeit gehen die Kinder und Jugendlichen nach Hause. In dieser Zeit habe ich sowohl viel über die Schule gelernt, als auch über mich.



Wir haben das Schulsystem verstanden und wissen, was die Kinder brauchen – viel Umgang und Beschäftigung mit Spielen und Spielzeugen, vor allem in den Pausen, und viel Musik. Das macht den älteren ( die älteste ist übrigens 24 Jahre alt!) sowie den jüngeren Schülern sehr viel Spaß, das kann man sich kaum vorstellen. Ich habe noch nie so glückliche Kinder wie diese gesehen.




Die Kinder haben alle verschiedene Arten von Behinderungen – einige können nicht oder kaum sprechen, einige kaum und einer gar nicht laufen, Kinder mit Down-Syndrom und viele weitere.

Über mich kann ich sagen, dass ich mit fast allen Kindern sehr gut zurecht komme und mit einigen wenigen kaum. Ich weiß unter anderem, was ich sehen kann und wann es mir reicht, was schon viel gewonnen ist, finde ich.




Nachdem wir in der Schule das Mandazi-Projekt von Carina und Lena weiterführen, haben wir jetzt mit unserem ersten Mini-Projekt angefangen. Gleich an unserem ersten Tag zeigte uns die Headteacherin nämlich ihren Garten, in dem sie Tomaten, Kohl und Spinat anpflanzt und meinte, er müsste dringend mal gejätet und erneuert werden. Dies nahmen wir diese Woche mit Freude in Angriff!




 
Bis alles fertig ist, wird es wohl noch ein paar Wochen dauern, doch der Unterschied von vorher zu nachher ist gewaltig! Zudem wurden die Poster an den Wänden des Workshop 4 komplett abgemacht und geputzt, sodass jetzt Platz für Neues ist. Lu und ich haben vor, einen Baum dort auf zu malen. Die Blätter des Baumes werden Fotos der Schüler werden. Diese Idee traf bei der Lehrerin bereits auf positive Rückmeldung! 





Am Freitag genossen wir unseren Feierabend wieder am Hippo Point, wo wir dieses Mal neben 2 erwachsenen Hippos sogar ein Babyhippo gesehen haben ( es war zu klein um es gut zu fotografieren, aber ich habe an dich gedacht, Andrea! )





Gelber Vogel!













































Samstag kam es dann zu unserem großen Tag. Wir trafen uns morgens mit Ian, der in unserer Schule ein Praktikum macht und mit seinem besten Freund Don und Ishmael, um mit dem Matatu nach Maseno ( mit dem Auto ca. 20 min) in die Berge zum Wandern zu fahren.


Zuerst kamen sie natürlich etwa 45 min zu spät, des Weiteren hat es ewig gedauert bis uns ein Matatu mitnehmen wollte. Und in dem, das uns dann mitnahm, hat dann einfach plötzlich der Fahrer für eine halbe Stunde gefehlt. Aber okay. Nach einer Stunde Fahrt waren wir endlich da und verwöhnten uns erst einmal mit Ananasscheiben. Lu und ich waren wirklich sehr gespannt, was Ishmael, der ein Naturmensch ist und uns anführte, da so geplant hatte.

Gleich auf dem ersten Weg hin zum Berg trafen wir sehr unerwartet auf eine Sensation: Eeeeeeendlich sah ich mal meine Lieblingstiere (neben den Hippos) in Wirklichkeit! Ich war so unendlich glücklich, also konnte der Tag nur gut werden.











Wir sind kleine Schleichwege an Palmen und Kühen entlanggelaufen inmitten der schönsten Natur, die ich bisher gesehen habe.





Sogar einen kleinen Wasserfall haben wir gesehen und ihm gespannt zugeguckt.







 Aufstieg war anstrengender als gedacht und wir waren schlussendlich alle froh, oben angekommen zu sein. Der Ausblick war überragend – man sah alle kleinen Inseln im See und konnte sogar ganz rechts nach Uganda schauen.




Die Gang



Plötzlich fing es an zu tröpfeln. Glücklicherweise kam uns eine alte Frau entgegen und meinte, wir sollten doch, wenn es richtig anfange zu regnen, in ihr Haus kommen, wir seien sehr willkommen. Wie es so sein sollte, fing das Gewitter dann richtig an, also sind wir ab ins Haus. Es war so herzlich von dieser Frau. Sie hat es wieder einmal geschafft, mich voll und ganz zu begeistern - sie hat mir gezeigt, dass man nicht viel zum Leben braucht: sie baut die Dinge, die sie isst, selbst an und bereitet sie zu. Das Wasser kann sie aus der Quelle vom Berg schöpfen. Was braucht man mehr? Zudem hat sie zwei Kinder, die zur Schule gehen und jeden Morgen runter in die Stadt laufen. Also, alles ist möglich :)


Als es aufhörte zu regnen sind wir wieder Berg abwärts gelaufen, das Gewitter noch immer direkt über uns, man hat es richtig gespürt, denn der Donner ist durch den ganzen Körper gefahren. Auf dem Rückweg haben wir noch Ishmaels Großmutter beziehungsweise Großfamilie besucht, die ein riesen Grundstück besitzen. Sie hat uns herzlich empfangen und uns Soda und Biscuits angeboten, so freundlich! Auch den Äquator haben wir besucht.

Ich stehe zwischen 2 Welten!



Mit schwarzen Wolken über den Bergen und der Abendsonne im Rücken machten wir uns auf den Rückweg und warteten auf einen Bus. Der vollste von allen hat uns dann mitgenommen, wir sind mehr oder weniger aufgesprungen und standen so eingeengt wie noch nie in einemBus – es war wie in einem Film.












Abends waren wir völlig fertig von so vielen Eindrücken und so viel Laufen, doch das hielt uns nicht vom Feiern ab. Zu fünft sind wir dann abends noch in den Club, die Jungs Veve ( sieht aus wie Gras, wirkt aber anscheinend „cool“) kauend und wir auf der Tanzfläche zu „I got a hangover“ abfeiernd - wir waren ganz froh, mal ein paar Lieder zu kennen. Dort trafen wir auch Lisa und einen deutschen Kumpel, was die Party noch mehr anheizte. Die Afrikaner tanzen allerdings wirklich sehr anders als wir in Deutschland – sehr auf Körperkontakt aus und alles sehr eng. Dafür können sie im Gegenzug aber nicht auf unsere Musik feiern, wie wir feststellten. Das Bier hier ist übrigens echt lecker! Es war unbeschreiblich schön, die Diskotek mit Ausblick auf den Victoriasee im Dunkeln und alles einfach.



Dieser Tag hat Lu und mir so sehr gefallen, dass es uns vorkam, als ob wir das alles nicht an einem, sondern an zwei Tagen erlebt haben. Wir sind so froh, gute Freunde gefunden zu haben, die hier auch einfach mal abends vorbeikommen und man sich einfach nur unterhält und beisammen ist. Beispielsweise bringt Lisa uns öfters mal was zum Essen vorbei oder Rawia (7) probiert unser Geschirr abzuwaschen, was in einer totalen Wasserschlacht endet. Sie dachte, das Wasser sei zu dreckig, um darin abzuspülen, und hat anstatt dessen einfach Wasser über das Geschirr geleert. Als ich nachprüfte, ob das Wasser tatsächlich dreckig ist, stellte ich kopfschüttelnd fest, dass es TOTAL GRÜN IST VON EINER HALBEN REINGESCHÜTTETEN FLASCHE SPÜLMITTEL. Schon klar, warum das Wasser dreckig ist...solche Aktionen versüßen uns dann den Tag.



Zudem gehen wir ab Donnerstag auf Reisen nach Uganda und sind sehr gespannt auf unser Abenteuer!




“Why do you go away? So that you can come back. So that you can see the place you came from with new eyes and extra colors. And the people there see you differently, too. Coming back to where you started is not the same as never leaving.”

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