Gleich zum Einstieg was Interessantes:
Gut
zu wissen: Schon Ende September holen die kenianischen Supermärkte
ihre Weihnachtslichterketten mit Schneemännern( grotesk: Palmen im
Hintergrund) und Sternen hervor und hängen sie auf. Sogar die Lehrer
ändern ihren Klingelton in Weihnachtslieder um.
So, jetzt ist es
aber schon Oktober und nun ist es also genau einen Monat her, als ich
mich von all meinen Lieben verabschiedete und ins Flugzeug einstieg.
Vor einem Monat fing mein Abenteuer hier an. Seit einem Monat lebe
ich mit mir einer vorher völlig fremden Person in einer kleinen
Wohung hier mitten im Afrika ohne Wasser und Waschbecken. Eigentlich
bin ich ständiger Gefahren ausgesetzt und werde ständig von
Mosquitos belästigt. Seit einem Monat gucken mich die Menschen hier
völlig komisch an und ich bin die Fremde. Schon einen Monat lang
wasche ich meine Wäsche von der Hand und muss bei einer
zersplitterten Glasflasche auf meinem dunklen Steinboden ohne
Staubsauger zurechtkommen.
Ja genau, so ist
das. Aber lasst uns das alles doch mal anders betrachten. Nämlich
aus der Perspektive, wie ich alles wahrnehme. Und wie ich mich fühle.
Das mit dem Abschied
stimmt natürlich, und dass ich ins Flugzeug eingestiegen bin auch.
Nur lebe ich seit
einem Monat mit einer inzwischen sehr guten Freundin zusammen, in
einer für die vorliegenden Verhältnisse sehr großen Wohnung (meiner ersten eigenen!) und
wir bekommen fast täglich Wasser geliefert von unserem Wassermann
Julius. In Kisumu fühle ich pudelwohl und kann unter einem
Mosquitonetz schlafen. Innerhalb eines Monats fanden wir hier tolle
Freunde und haben Spaß daran, jeden Morgen in die Schule zu fahren
und die Kinder sich freuen zu sehen. Was kann es denn besseres geben?
For me, this is the
place to be!
Ein Monat hier
bedeutet auch gleich: Die fünfte Woche in der Schule ist
angebrochen, vom 08.-12.10. ist hier bereits "Half-term". Über diese
Zeit gehen die Kinder und Jugendlichen nach Hause. In dieser Zeit
habe ich sowohl viel über die Schule gelernt, als auch über mich.
Wir haben das
Schulsystem verstanden und wissen, was die Kinder brauchen – viel
Umgang und Beschäftigung mit Spielen und Spielzeugen, vor allem in
den Pausen, und viel Musik. Das macht den älteren ( die älteste ist
übrigens 24 Jahre alt!) sowie den jüngeren Schülern sehr viel
Spaß, das kann man sich kaum vorstellen. Ich habe noch nie so
glückliche Kinder wie diese gesehen.
Die Kinder haben
alle verschiedene Arten von Behinderungen – einige können nicht
oder kaum sprechen, einige kaum und einer gar nicht laufen, Kinder
mit Down-Syndrom und viele weitere.
Über mich kann ich
sagen, dass ich mit fast allen Kindern sehr gut zurecht komme und mit
einigen wenigen kaum. Ich weiß unter anderem, was ich sehen kann und
wann es mir reicht, was schon viel gewonnen ist, finde ich.
Nachdem wir in der
Schule das Mandazi-Projekt von Carina und Lena weiterführen, haben
wir jetzt mit unserem ersten Mini-Projekt angefangen. Gleich an
unserem ersten Tag zeigte uns die Headteacherin nämlich ihren
Garten, in dem sie Tomaten, Kohl und Spinat anpflanzt und meinte, er
müsste dringend mal gejätet und erneuert werden. Dies nahmen wir
diese Woche mit Freude in Angriff!
Bis alles fertig
ist, wird es wohl noch ein paar Wochen dauern, doch der Unterschied
von vorher zu nachher ist gewaltig! Zudem wurden die Poster an den
Wänden des Workshop 4 komplett abgemacht und geputzt, sodass jetzt
Platz für Neues ist. Lu und ich haben vor, einen Baum dort auf zu
malen. Die Blätter des Baumes werden Fotos der Schüler werden.
Diese Idee traf bei der Lehrerin bereits auf positive Rückmeldung!
Am Freitag genossen
wir unseren Feierabend wieder am Hippo Point, wo wir dieses Mal neben
2 erwachsenen Hippos sogar ein Babyhippo gesehen haben ( es war zu
klein um es gut zu fotografieren, aber ich habe an dich gedacht,
Andrea! )
Gelber Vogel! |
Samstag kam es dann
zu unserem großen Tag. Wir trafen uns morgens mit Ian, der in
unserer Schule ein Praktikum macht und mit seinem besten Freund Don
und Ishmael, um mit dem Matatu nach Maseno ( mit dem Auto ca. 20 min)
in die Berge zum Wandern zu fahren.
Zuerst kamen sie
natürlich etwa 45 min zu spät, des Weiteren
hat es ewig gedauert bis uns ein Matatu mitnehmen wollte. Und in dem,
das uns dann mitnahm, hat dann einfach plötzlich der Fahrer für
eine halbe Stunde gefehlt. Aber okay. Nach einer Stunde Fahrt waren
wir endlich da und verwöhnten uns erst einmal mit Ananasscheiben. Lu
und ich waren wirklich sehr gespannt, was Ishmael, der ein
Naturmensch ist und uns anführte, da so geplant hatte.
Gleich auf dem
ersten Weg hin zum Berg trafen wir sehr unerwartet auf eine
Sensation: Eeeeeeendlich sah ich mal meine Lieblingstiere (neben den
Hippos) in Wirklichkeit! Ich war so unendlich glücklich, also konnte
der Tag nur gut werden.
Wir sind kleine
Schleichwege an Palmen und Kühen entlanggelaufen inmitten der
schönsten Natur, die ich bisher gesehen habe.
Sogar einen kleinen
Wasserfall haben wir gesehen und ihm gespannt zugeguckt.
Aufstieg war
anstrengender als gedacht und wir waren schlussendlich alle froh,
oben angekommen zu sein. Der Ausblick war überragend – man sah
alle kleinen Inseln im See und konnte sogar ganz rechts nach Uganda
schauen.
Die Gang |
Als es aufhörte zu
regnen sind wir wieder Berg abwärts gelaufen, das Gewitter noch
immer direkt über uns, man hat es richtig gespürt, denn der Donner
ist durch den ganzen Körper gefahren. Auf dem Rückweg haben wir
noch Ishmaels Großmutter beziehungsweise Großfamilie besucht, die
ein riesen Grundstück besitzen. Sie hat uns herzlich empfangen und
uns Soda und Biscuits angeboten, so freundlich! Auch den Äquator haben wir besucht.
Ich stehe zwischen 2 Welten! |
Mit schwarzen Wolken
über den Bergen und der Abendsonne im Rücken machten wir uns auf
den Rückweg und warteten auf einen Bus. Der vollste von allen hat
uns dann mitgenommen, wir sind mehr oder weniger aufgesprungen und
standen so eingeengt wie noch nie in einemBus – es war wie in einem
Film.
Abends waren wir
völlig fertig von so vielen Eindrücken und so viel Laufen, doch das
hielt uns nicht vom Feiern ab. Zu fünft sind wir dann abends noch in
den Club, die Jungs Veve ( sieht aus wie Gras, wirkt aber anscheinend
„cool“) kauend und wir auf der Tanzfläche zu „I got a
hangover“ abfeiernd - wir waren ganz froh, mal ein paar Lieder zu
kennen. Dort trafen wir auch Lisa und einen deutschen Kumpel, was die
Party noch mehr anheizte. Die Afrikaner tanzen allerdings wirklich
sehr anders als wir in Deutschland – sehr auf Körperkontakt aus
und alles sehr eng. Dafür können sie im Gegenzug aber nicht auf
unsere Musik feiern, wie wir feststellten. Das Bier hier ist übrigens
echt lecker! Es war unbeschreiblich schön, die Diskotek mit Ausblick
auf den Victoriasee im Dunkeln und alles einfach.
Dieser Tag hat Lu
und mir so sehr gefallen, dass es uns vorkam, als ob wir das alles
nicht an einem, sondern an zwei Tagen erlebt haben. Wir sind so froh,
gute Freunde gefunden zu haben, die hier auch einfach mal abends
vorbeikommen und man sich einfach nur unterhält und beisammen ist.
Beispielsweise bringt Lisa uns öfters mal was zum Essen vorbei oder
Rawia (7) probiert unser Geschirr abzuwaschen, was in einer totalen
Wasserschlacht endet. Sie dachte, das Wasser sei zu dreckig, um darin
abzuspülen, und hat anstatt dessen einfach Wasser über das Geschirr
geleert. Als ich nachprüfte, ob das Wasser tatsächlich dreckig ist,
stellte ich kopfschüttelnd fest, dass es TOTAL GRÜN IST VON EINER
HALBEN REINGESCHÜTTETEN FLASCHE SPÜLMITTEL. Schon klar, warum das
Wasser dreckig ist...solche Aktionen versüßen uns dann den Tag.
Zudem gehen wir ab
Donnerstag auf Reisen nach Uganda und sind sehr gespannt auf unser
Abenteuer!
“Why
do you go away? So that you can come back. So that you can see the
place you came from with new eyes and extra colors. And the people
there see you differently, too. Coming back to where you started is
not the same as never leaving.”
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