Sonntag, 5. Juli 2015

Tucheze na tuimbe!



Bericht aus dem Schulalltag

Lu und ich gehen sehr gerne in die Schule, was sehr an den Kindern dieser Institution liegen muss. Jedes Kind ist für sich speziell und hat besondere Bedürfnisse und Angewohnheiten, von denen wir die meisten nun kennen und wissen, was die Kinder wollen. Was sie immer wollen, ist zu Musik tanzen und Mandazis essen. Jeden Morgen, wenn wir in die Schule kommen, werden wir gefragt: “Leee waka waka leo?“ ( mit waka waka beziehen sie sich auf den Song, den Shakira zur WM damals sang, sie wollen also Musik) oder „Mandazi?“. Also werde ich euch mal unseren gewöhnlichen, jetzt gefestigten Tagesablauf und den der Kinder erklären, es wird ja auch langsam Zeit!


4 Uhr Boarding School Kinder müssen aufstehen und werden von den beiden Hausmamas geweckt. Danach waschen sich die Kinder/ werden gewaschen und waschen Klamotten. Anschließend wird gemeinsam in der Assembly Hall auf das Frühstück ( meist Porridge) um 7 Uhr gewartet.
8 Uhr
Die Schule beginnt, inzwischen sind auch die Kinder da, die nach der Schule nach Hause gehen, weil sie in der Nähe wohnen.
Die Kinder versammeln sich zusammen mit den Lehrern in der Assembly Hall. Dort wird gesungen, getanzt und eine konkrete Bibelstelle behandelt. Diese Versammlungen werden meist auf Luo ( örtliche Sprache, da Kisumu im Gebiet des Volkes der Luos liegt) abgehalten, da die meisten Kinder nur Luo verstehen/sprechen können. Lu und ich kommen da mit unseren
Kiswahili- Kenntnissen leider nicht weit, weil es eine komplett andere Sprache ist!
→ diese Zeit nutzen wir zum Mandaziteig vorbereiten
9.00 -10.30 Uhr Während die meisten Kinder Unterricht haben, kochen wir zusammen mit der Klasse des Haushaltsworkshops die Mandazis an der Feuerstelle draußen.
10.30 -11.00 Uhr Teabreak: Jetzt verteilen wir die Mandazis an die Kinder und verkaufen sie an die Lehrer.
11.00 -12.30 Uhr Wir spielen entweder mit den Kindern, schneiden jeden zweiten Tag Früchte für das Mittagessen auf oder bereiten Dinge für unsere Projekte vor und arbeiten daran.
12.30 – 14.00 Uhr Mittagspause, die Kinder bekommen entweder Ugali mit Sukuma Wiki, Bohnen mit Mais (Nyoyo/Githeri) oder Bohnen mit Reis.
14.00-14.30 Uhr Zähneputzzeit!
14.30 – 15.30 Uhr Nachmittagsgestaltung, welche meist zwischen Musik/Tanz und Sport variiert
15.30 Uhr Feierabend für uns! Wir gehen nach Hause und verbringen unseren Nachmittag mit Treffen mit Freunden, unserer kleinen Familie hier, schwimmen, waschen, kochen und putzen.

Der Tag der Kinder ist ziemlich durch strukturiert, denn die meisten von ihnen brauchen einen festen Tagesablauf, an den sie gewohnt sind. Ab 15.30 Uhr lösen die beiden Hausmütter die Lehrer ab und übernehmen die Verantwortung für die Boarding Schüler. Zusammen wird dann wieder gewaschen, sich umgezogen und in der Assembly Hall bis zum Abendessen um 18 Uhr getanzt/gesungen. Um 21 Uhr gehen die kleineren Kinder schlafen, die größeren waschen erneut Wäsche bevor sie ins Bett gehen.


Nun möchte ich zu unseren Projekten (inner-und außerschulisch) kommen, die wir bisher gemacht haben. Von einigen habe ich ja schon berichtet, wie vom Früchtetag, vom Baum oder etwa den Mandazis. Auch von unserem Anliegen mit der Verlegung des Müllberges vor unserer Schule habe ich euch bereits erzählt. Hierzu gibt es nur zu sagen, dass wir unseren geplanten Weg mit ECODS, angefangen mit der Mobilisierung der Menschen und einer folgenden Petition, leider nicht gehen konnten und ECODS jetzt andere Wege finden will, damit eine möglichst baldige Verlagerung des Mülls stattfinden kann. Wir hoffen, dass es ihnen so schnell wie möglich gelingt!

In den letzten Monaten haben wir jedoch viele Projekte innerhalb der Schule durchgeführt und auch unsere Freizeit anders gestaltet! Nun fangen wir einmal an...


Zaun
Da Lu und ich noch einiges an Spendengeldern übrig hatten, überlegten wir, was wir Sinnvolles damit machen könnten. Von der damaligen Schulleiterin, von dem jetzigen Schulleiter und von den Lehrern kam uns zu Ohren, dass der Zaun, der die Schule von hinten von einem eher unsicheren Wohngebiet abgrenzt, ziemlich kaputt sei und es zur Zeit immer häufiger passierte, dass sich nachts Einbrecher auf das Schulgelände begaben und diverse Sachen klauten. Nicht nur das: Es hatte sogar jemand Feuer gelegt in der Nähe des Zaunes, sodass es die Hälfte des Beetes von Madame Mary gebrannt hat. Die Sicherheit der Schüler konnte also nicht mehr garantiert werden.



Nach hin und her überlegen, nahmen wir den Bau eines neuen Zaunes in Angriff, bzw. nicht wir, sondern der Fundi ( Handwerker) der Schule, Joseph. Zusammen fuhren wir die Materialien einkaufen und er erbaute zusammen mit einem Freund mit viel Mühe und Kraft einen super tollen neuen Zaun innerhalb von 4 Tagen! Seitdem ist nichts mehr in der Richtung weder den Schülern noch der Schule an sich passiert. Alle fühlen sich sicher.



Verladen der Zementpfosten



Hiermit möchten wir dem Sozialwissenschaftlichen Gymnasium Öhringen herzlichst für die Spende vom Weihnachtskonzert danken, ohne die dieser Erbau niemals möglich gewesen wäre!!! Vielen Dank! Und es kommt noch besser...

Auch hörten wir von den Lehrern Beschwerden, dass es einen großen Mangel an Stühlen und Tischen gibt. Wir fanden jedoch heraus, dass es zahlreiche Möbel gibt, die seit langer Zeit kaputt sind und repariert werden müssten. Sogar dieser Angelegenheit konnten wir mithilfe eurer Spenden behilflich sein. Auch diese Reparaturen wurden von dem Fundi gemacht - und zwar 1a!



Joseph an der Arbeit





Nicht nur wir, auch die Lehrer sind sehr glücklich darüber, dass aus alt neu gemacht wurde. Nochmals: 
ein riesiges DANKESCHÖN!












Kinder der halben Sonnen ( www.halbesonnen.de)

In der Nähe von Luisas Heimatstadt Rathenow gibt es die Kita Spatzennest, in der sich Lu engagiert hat und auch über die Zeit hier den Kontakt gehalten hat. Diese Kita hat sehr bemühte Mitarbeiter und eine tolle Leitung, die das Projekt: „Kinder der halben Sonnen“ vor einigen Jahren kreiert hat und immer positive Rückmeldung bekommen hat.

Sie fragten auch uns an, ob wir das Projekt der Kinder der halben Sonnen nicht auch in unserer Schule in Kisumu machen können. Hierbei geht es um Kontaktaufnahme und Freundschaftsschließung zwischen verschiedensten sozialen Einrichtungen. Natürlich stimmten wir zu.

Also malten die Kinder in der Kita Spatzennest jeder eine Sonne auf eine DIN A3 Seite. Dieses Blatt wird danach durchgeschnitten in 2 Hälften, die dann jeweils A4 Größe haben. Die eine Hälfte behielt die Kita, die andere Hälfte schickten sie zu uns. In der gleichen Zeit bereiteten wir das gleiche vor und schickten die andere Hälfte zu den Kindern ins Spatzennest.

Jetzt hat jede Einrichtung eine Hälfte von einem deutschen und eine eines kenianischen Kindes... Und diese wundervollen Prachstücke sind dabei heraus gekommen und schmücken jetzt unsere Essenshalle!



Joseph ganz stolz

Triza, die kleine Prinzessin




In der Kita Spatzennest hängen schon sehr viele Sonnen aus allen möglichen Ländern der Welt und wir wünschen ihnen noch viele mehr!


Das war so das, was uns in den letzten paar Monaten beschäftigt hat und uns hat alles sehr viel Spaß bereitet!

Langsam wurde es auch Zeit für die jährlichen Hausbesuche der Familien der Kinder, die innerhalb oder nicht so weit von Kisumu weg wohnen. Diese Hausbesuche sind sehr sehr signifikant sowohl für die Lehrer als auch für die Familie, um sich auszutauschen, zu sehen, wie und unter welchen Umständen die Kinder leben, um herauszufinden, wie sie sich zu Hause verhalten, was ihre Aufgaben zu Hause sind, wie ihr Umfeld ist und um von den Eltern zu erfahren, ob sie Veränderungen/Fortschritte an ihrem Kind gesehen haben, seitdem es zur Schule geht. Auch ist es sehr interessant zu erfahren, wie die Eltern ihre Kinder einschätzen und welchen Job die Kinder ihrer Meinung nach ihrer Schulzeit erlernen können. Der Zeitpunkt für die Besuche, also 3 Wochen vor Ende unserer Arbeit, ist für Lu und mich perfekt, da wir jedes einzelne Kind jetzt kennen und es einigermaßen einschätzen können. Es ist wirklich jedes Mal erstaunlich zu sehen wie die Kinder leben und in was für Verhältnissen sie aufgewachsen sind und wohnen, denn man wird ständig überrascht. Ab und zu kommt es auch vor, dass die Eltern bzw. die Mutter „Chai“ vorbereitet. Mit „Chai“ bezeichnet sie aber nicht nur Tee, sondern schließt Brot/ Mandazi essen mit ein. Sehr lecker! So zum Beispiel auch beim Besuch von Bethers ( die bei uns im Workshop 4 ist) Mutter:




Ansonsten kamen Luisa und ich im März, als Marvin da war, über Lisa an eine Organisation, die mit Straßenkindern zu tun hat und wir begleiteten einen Freund von Lisa, Moses, abends zu einem der vielen Schlafplätze von Straßenkindern in der Innenstadt, um sie zu besuchen. Moses war früher selbst ein Straßenjunge und hat dementsprechend Erfahrung. Das anfangs mulmige Gefühl in meinem Magen, warum auch immer ich das hatte, verflog rasch, als wir von den Kindern willkommen gehießen und herzlich aufgenommen wurden. Wir saßen einfach nur da und haben mit ihnen geredet und sie erzählen lassen. Diese Erfahrung war für mich so einprägend und schön, dass ich wusste, dass das definitiv nicht mein letzter Besuch bei ihnen war.

Inzwischen probieren Lu und ich, einmal die Woche an diese sogenannte „Base“ zu gehen, wo sich die Kinder abends zum Schlafen versammeln und sich über Besuch immer gefreut wird. Wir tanzen mit den Kindern, singen mit ihnen, spielen Spiele wie „Here I go, I ride my pony“ oder machen Wettrennen. Außerdem berichten sie uns oft, warum sie von daheim weg gerannt sind. Häufig genannt werden hier, dass sie Schläge oder zu wenig essen bekommen haben oder dass der Vater ein Trinker war. Trotz dem einige von ihnen zu Hause auf die Schule gehen konnten, rennen viele wegen der Familienverhältnisse davon oder trampen illegal auf Lastern mit, wobei wir schon die krassesten Geschichten gehört haben! Auf der Straße versuchen sie dann, mit etwas Geld, dass sie sich mit kleinen Jobs wie Mülleinsammeln oder betteln verdienen, sich etwas Vernünftiges zu essen zu kaufen ein Mal am Tag. Die meisten jedoch kaufen sich von ihrem bisschen Geld neuen Klebstoff, denn die meisten der Kinder schnüffeln Kleber, um ständig high zu sein und sich nicht von Hunger und schlechten Gedanken quälen zu lassen. Ein paar Mal die Woche kommen jedoch verschiedene Leute vorbei und bringen diesen Kindern abends zum Beispiel Brot und Saft vorbei, worüber sie sich immer freuen!

Sowohl die Kleinen, der Jüngste ist etwa 13, als auch die Großen ( älter als 30) habe ich dort auf dem einen kleinen Fleck Kisumus in mein Herz geschlossen. Genauso die Security Guards, die eigentlich nur auf den Shop an dem die Kinder schlafen aufpassen müssen, aber aus Herzlichkeit zudem noch auf die Kinder achten und auf sie aufpassen über Nacht.


Ansonsten gibt es jetzt nicht mehr so viel zu sagen! Genießt eure Zeit und haltet immer die Augen offen! Viel Spaß beim Betrachten der Bilderserie von Erlebnissen in der Schule, von Zuhause in unserer Familie und unserer Freizeit!

Knuddel euch!





beim Sport!








Rawia trägt Feisal

Schöne Schuhe, Fei!

Baraka und Rawia an meinem Fenster

P.S. Bei uns im Deutschen haben die Worte „Kaka“ und „Popo“ ja eine sehr eindeutige Bedeutung. Ich denke, die Worte muss ich jetzt nicht erklären... 

Lu und ich fanden jedoch heraus, dass diese Worte auch im Kiswahili existieren und haltet euch fest: „Kaka“ bedeutet Bruder, „Popo“ ist die Fledermaus. Total witzig! Nur eine Sache wundert mich... als unser kleiner zweijähriger Nachbar Feisal eines Tages in meinem Zimmer saß und „Kaakaaa“ schrie, dachte ich mir nichts dabei, natürlich nicht, warum auch. Es heißt ja „Bruder“ übersetzt. Doch als seine Schwester Rawia zu mir angelaufen kam und: „Miriiiiiii?!?!?!“ rief, wusste ich, was tatsächlich passiert war...diese Kinder! :)

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