Bericht aus dem
Schulalltag
Lu und ich gehen
sehr gerne in die Schule, was sehr an den Kindern dieser Institution
liegen muss. Jedes Kind ist für sich speziell und hat besondere
Bedürfnisse und Angewohnheiten, von denen wir die meisten nun kennen
und wissen, was die Kinder wollen. Was sie immer wollen, ist zu Musik
tanzen und Mandazis essen. Jeden Morgen, wenn wir in die Schule
kommen, werden wir gefragt: “Leee waka waka leo?“ ( mit waka waka
beziehen sie sich auf den Song, den Shakira zur WM damals sang, sie
wollen also Musik) oder „Mandazi?“. Also werde ich euch mal
unseren gewöhnlichen, jetzt gefestigten Tagesablauf und den der
Kinder erklären, es wird ja auch langsam Zeit!
4 Uhr | Boarding School Kinder müssen aufstehen und werden von den beiden Hausmamas geweckt. Danach waschen sich die Kinder/ werden gewaschen und waschen Klamotten. Anschließend wird gemeinsam in der Assembly Hall auf das Frühstück ( meist Porridge) um 7 Uhr gewartet. |
8 Uhr |
Die Schule beginnt, inzwischen sind
auch die Kinder da, die nach der Schule nach Hause gehen, weil sie
in der Nähe wohnen.
Die Kinder versammeln sich zusammen
mit den Lehrern in der Assembly Hall. Dort wird gesungen,
getanzt und eine konkrete Bibelstelle behandelt. Diese
Versammlungen werden meist auf Luo ( örtliche Sprache, da
Kisumu im Gebiet des Volkes der Luos liegt) abgehalten, da die
meisten Kinder nur Luo verstehen/sprechen können. Lu und ich
kommen da mit unseren
Kiswahili- Kenntnissen leider nicht
weit, weil es eine komplett andere Sprache ist!
→ diese Zeit nutzen wir zum Mandaziteig
vorbereiten |
9.00 -10.30 Uhr | Während die meisten Kinder Unterricht haben, kochen wir zusammen mit der Klasse des Haushaltsworkshops die Mandazis an der Feuerstelle draußen. |
10.30 -11.00 Uhr | Teabreak: Jetzt verteilen wir die Mandazis an die Kinder und verkaufen sie an die Lehrer. |
11.00 -12.30 Uhr | Wir spielen entweder mit den Kindern, schneiden jeden zweiten Tag Früchte für das Mittagessen auf oder bereiten Dinge für unsere Projekte vor und arbeiten daran. |
12.30 – 14.00 Uhr | Mittagspause, die Kinder bekommen entweder Ugali mit Sukuma Wiki, Bohnen mit Mais (Nyoyo/Githeri) oder Bohnen mit Reis. |
14.00-14.30 Uhr | Zähneputzzeit! |
14.30 – 15.30 Uhr | Nachmittagsgestaltung, welche meist zwischen Musik/Tanz und Sport variiert |
15.30 Uhr | Feierabend für uns! Wir gehen nach Hause und verbringen unseren Nachmittag mit Treffen mit Freunden, unserer kleinen Familie hier, schwimmen, waschen, kochen und putzen. |
Der Tag der Kinder
ist ziemlich durch strukturiert, denn die meisten von ihnen brauchen
einen festen Tagesablauf, an den sie gewohnt sind. Ab 15.30 Uhr lösen
die beiden Hausmütter die Lehrer ab und übernehmen die
Verantwortung für die Boarding Schüler. Zusammen wird dann wieder
gewaschen, sich umgezogen und in der Assembly Hall bis zum Abendessen
um 18 Uhr getanzt/gesungen. Um 21 Uhr gehen die kleineren Kinder
schlafen, die größeren waschen erneut Wäsche bevor sie ins Bett
gehen.
Nun möchte ich zu
unseren Projekten (inner-und außerschulisch) kommen,
die wir bisher gemacht haben. Von einigen habe ich ja schon
berichtet, wie vom Früchtetag, vom Baum oder etwa den Mandazis. Auch
von unserem Anliegen mit der Verlegung des Müllberges vor
unserer Schule habe ich euch bereits erzählt. Hierzu gibt es nur zu
sagen, dass wir unseren geplanten Weg mit ECODS, angefangen mit der
Mobilisierung der Menschen und einer folgenden Petition, leider nicht
gehen konnten und ECODS jetzt andere Wege finden will, damit eine
möglichst baldige Verlagerung des Mülls stattfinden kann. Wir
hoffen, dass es ihnen so schnell wie möglich gelingt!
In den letzten
Monaten haben wir jedoch viele
Projekte innerhalb der Schule durchgeführt und auch unsere
Freizeit anders gestaltet! Nun fangen wir einmal an...
Zaun
Da Lu und ich noch einiges an Spendengeldern übrig hatten,
überlegten wir, was wir Sinnvolles damit machen könnten. Von der
damaligen Schulleiterin, von dem jetzigen Schulleiter und von den
Lehrern kam uns zu Ohren, dass der Zaun, der die Schule von hinten
von einem eher unsicheren Wohngebiet abgrenzt, ziemlich kaputt sei
und es zur Zeit immer häufiger passierte, dass sich nachts
Einbrecher auf das Schulgelände begaben und diverse Sachen klauten.
Nicht nur das: Es hatte sogar jemand Feuer gelegt in der Nähe des
Zaunes, sodass es die Hälfte des Beetes von Madame Mary gebrannt
hat. Die Sicherheit der Schüler konnte also nicht mehr garantiert
werden.
Nach hin und her überlegen, nahmen wir den Bau eines neuen Zaunes in
Angriff, bzw. nicht wir, sondern der Fundi ( Handwerker) der Schule,
Joseph. Zusammen fuhren wir die Materialien einkaufen und er erbaute
zusammen mit einem Freund mit viel Mühe und Kraft einen super tollen
neuen Zaun innerhalb von 4 Tagen! Seitdem ist nichts mehr in der
Richtung weder den Schülern noch der Schule an sich passiert. Alle
fühlen sich sicher.
Verladen der Zementpfosten |
Hiermit möchten wir dem Sozialwissenschaftlichen Gymnasium
Öhringen herzlichst für die Spende vom Weihnachtskonzert
danken, ohne die dieser Erbau niemals möglich gewesen wäre!!!
Vielen Dank! Und es kommt noch besser...
Auch hörten wir von den Lehrern Beschwerden, dass es einen großen
Mangel an Stühlen und Tischen gibt. Wir fanden jedoch heraus, dass
es zahlreiche Möbel gibt, die seit langer Zeit kaputt sind und
repariert werden müssten. Sogar dieser Angelegenheit konnten wir
mithilfe eurer Spenden behilflich sein. Auch diese Reparaturen wurden
von dem Fundi gemacht - und zwar 1a!
Joseph an der Arbeit |
Nicht nur wir,
auch die Lehrer sind sehr glücklich darüber, dass aus alt neu
gemacht wurde. Nochmals:
ein riesiges DANKESCHÖN!
Kinder der halben
Sonnen ( www.halbesonnen.de)
In der Nähe von Luisas Heimatstadt Rathenow gibt es die Kita
Spatzennest, in der sich Lu engagiert hat und auch über die Zeit
hier den Kontakt gehalten hat. Diese Kita hat sehr bemühte
Mitarbeiter und eine tolle Leitung, die das Projekt: „Kinder der
halben Sonnen“ vor einigen Jahren kreiert hat und immer positive
Rückmeldung bekommen hat.
Sie fragten auch uns an, ob wir das Projekt der Kinder der halben
Sonnen nicht auch in unserer Schule in Kisumu machen können. Hierbei
geht es um Kontaktaufnahme und Freundschaftsschließung zwischen
verschiedensten sozialen Einrichtungen. Natürlich stimmten wir zu.
Also malten die Kinder in der Kita Spatzennest jeder eine Sonne
auf eine DIN A3 Seite. Dieses Blatt wird danach durchgeschnitten in 2
Hälften, die dann jeweils A4 Größe haben. Die eine Hälfte behielt
die Kita, die andere Hälfte schickten sie zu uns. In der gleichen
Zeit bereiteten wir das gleiche vor und schickten die andere Hälfte
zu den Kindern ins Spatzennest.
Jetzt hat jede Einrichtung eine Hälfte von einem deutschen und eine
eines kenianischen Kindes... Und diese wundervollen Prachstücke sind
dabei heraus gekommen und schmücken jetzt unsere Essenshalle!
Joseph ganz stolz |
Triza, die kleine Prinzessin |
In der Kita Spatzennest hängen schon sehr viele Sonnen aus allen
möglichen Ländern der Welt und wir wünschen ihnen noch viele mehr!
Das war so das, was uns in den letzten paar Monaten beschäftigt hat
und uns hat alles sehr viel Spaß bereitet!
Langsam wurde es auch Zeit für die jährlichen Hausbesuche der
Familien der Kinder, die innerhalb oder nicht so weit von Kisumu weg
wohnen. Diese Hausbesuche sind sehr sehr signifikant sowohl für die
Lehrer als auch für die Familie, um sich auszutauschen, zu sehen,
wie und unter welchen Umständen die Kinder leben, um herauszufinden,
wie sie sich zu Hause verhalten, was ihre Aufgaben zu Hause sind, wie
ihr Umfeld ist und um von den Eltern zu erfahren, ob sie
Veränderungen/Fortschritte an ihrem Kind gesehen haben, seitdem es
zur Schule geht. Auch ist es sehr interessant zu erfahren, wie die
Eltern ihre Kinder einschätzen und welchen Job die Kinder ihrer
Meinung nach ihrer Schulzeit erlernen können. Der Zeitpunkt für die
Besuche, also 3 Wochen vor Ende unserer Arbeit, ist für Lu und mich
perfekt, da wir jedes einzelne Kind jetzt kennen und es einigermaßen
einschätzen können. Es ist wirklich jedes Mal erstaunlich zu sehen
wie die Kinder leben und in was für Verhältnissen sie aufgewachsen
sind und wohnen, denn man wird ständig überrascht. Ab und zu kommt
es auch vor, dass die Eltern bzw. die Mutter „Chai“ vorbereitet.
Mit „Chai“ bezeichnet sie aber nicht nur Tee, sondern schließt
Brot/ Mandazi essen mit ein. Sehr lecker! So zum Beispiel auch beim
Besuch von Bethers ( die bei uns im Workshop 4 ist) Mutter:
Ansonsten kamen Luisa und ich im März, als Marvin da war, über Lisa
an eine Organisation, die mit Straßenkindern zu tun hat und
wir begleiteten einen Freund von Lisa, Moses, abends zu einem der
vielen Schlafplätze von Straßenkindern in der Innenstadt, um sie zu
besuchen. Moses war früher selbst ein Straßenjunge und hat
dementsprechend Erfahrung. Das anfangs mulmige Gefühl in meinem
Magen, warum auch immer ich das hatte, verflog rasch, als wir von den
Kindern willkommen gehießen und herzlich aufgenommen wurden. Wir
saßen einfach nur da und haben mit ihnen geredet und sie erzählen
lassen. Diese Erfahrung war für mich so einprägend und schön, dass
ich wusste, dass das definitiv nicht mein letzter Besuch bei ihnen
war.
Inzwischen probieren Lu und ich, einmal die Woche an diese
sogenannte „Base“ zu gehen, wo sich die Kinder abends zum
Schlafen versammeln und sich über Besuch immer gefreut wird. Wir
tanzen mit den Kindern, singen mit ihnen, spielen Spiele wie „Here
I go, I ride my pony“ oder machen Wettrennen. Außerdem berichten
sie uns oft, warum sie von daheim weg gerannt sind. Häufig genannt
werden hier, dass sie Schläge oder zu wenig essen bekommen haben
oder dass der Vater ein Trinker war. Trotz dem einige von ihnen zu
Hause auf die Schule gehen konnten, rennen viele wegen der
Familienverhältnisse davon oder trampen illegal auf Lastern mit,
wobei wir schon die krassesten Geschichten gehört haben! Auf der
Straße versuchen sie dann, mit etwas Geld, dass sie sich mit kleinen
Jobs wie Mülleinsammeln oder betteln verdienen, sich etwas
Vernünftiges zu essen zu kaufen ein Mal am Tag. Die meisten jedoch
kaufen sich von ihrem bisschen Geld neuen Klebstoff, denn die meisten
der Kinder schnüffeln Kleber, um ständig high zu sein und sich
nicht von Hunger und schlechten Gedanken quälen zu lassen. Ein paar Mal die Woche kommen jedoch verschiedene Leute vorbei und bringen diesen Kindern abends zum Beispiel Brot und Saft vorbei, worüber sie sich immer freuen!
Sowohl
die Kleinen, der Jüngste ist etwa 13, als auch die Großen ( älter
als 30) habe ich dort auf dem einen kleinen Fleck Kisumus in mein
Herz geschlossen. Genauso die Security Guards, die eigentlich nur auf
den Shop an dem die Kinder schlafen aufpassen müssen, aber aus
Herzlichkeit zudem noch auf die Kinder achten und auf sie aufpassen
über Nacht.
Ansonsten gibt es jetzt nicht mehr so viel zu sagen! Genießt eure
Zeit und haltet immer die Augen offen! Viel Spaß beim Betrachten der
Bilderserie von Erlebnissen in der Schule, von Zuhause in unserer
Familie und unserer Freizeit!
Knuddel euch!
beim Sport! |
Rawia trägt Feisal |
Schöne Schuhe, Fei! |
Baraka und Rawia an meinem Fenster |
P.S. Bei uns im Deutschen haben die Worte „Kaka“ und „Popo“
ja eine sehr eindeutige Bedeutung. Ich denke, die Worte muss ich
jetzt nicht erklären...
Lu und ich fanden jedoch heraus, dass diese
Worte auch im Kiswahili existieren und haltet euch fest: „Kaka“
bedeutet Bruder, „Popo“ ist die Fledermaus. Total witzig!
Nur eine Sache wundert mich... als unser kleiner zweijähriger
Nachbar Feisal eines Tages in meinem Zimmer saß und „Kaakaaa“
schrie, dachte ich mir nichts dabei, natürlich nicht, warum auch. Es
heißt ja „Bruder“ übersetzt. Doch als seine Schwester Rawia zu
mir angelaufen kam und: „Miriiiiiii?!?!?!“ rief, wusste ich, was
tatsächlich passiert war...diese Kinder! :)